September, 30, 2021
Notfälle am Auge: Der retinale Venenverschluss - ein Praxisfall
Was ist der retinale Venenverschluss?
Der retinale Venenverschluss stellt eine der häufigsten primären Durchblutungsstörungen des Auges dar. Dabei ist der Zentralvenenverschluss (ZVV) die zweithäufigste vaskuläre Erkrankung der Netzhaut nach der diabetischen Retinopathie. Ein drohender Zentralvenenverschluss ist eine seltene, schwer definierte Erkrankung, die sich entweder zurückbilden oder zu einem vollständigen Venenverschluss führen kann. Typisches Symptom ist das plötzliche Verschwommensehen, besonders morgens nach dem Aufwachen, das jedoch später nachlässt.
Der Fall: Ein Praxisbeispiel eines retinale Venenverschluss
Anamnese:
Der Patient, ein Rentner und ehemaliger Lkw-Fahrer, hat eine lang bestehende rheumatische Erkrankung. In den letzten Monaten kam es zu einer signifikanten Steigerung des Blutdrucks und Vorhofflimmern, begleitet von einer Gewichtszunahme und veränderten Cholesterinwerten. Dies führt zu leichtem, morgendlichen Schleiersehen auf dem rechten Auge.
Medikamentenanamnese
Allopurinol: Zur Senkung erhöhter Harnsäurewerte
Candecor comp.: Zur Erweiterung der Blutgefäße
Simavastatin ratio: Cholesterinsenker
Bisoprolol: Blutdrucksenker (ß-Blocker)
Lixiana: Vorbeugung von Schlaganfall und Embolie bei Vorhofflimmern
Ezetrol: Ergänzt die Wirkung der Cholesterinsenker
Untersuchung und Befunde: Optometrische Tests
Visuelles System
Gleitsichtbrille, keine Doppelbilder oder asthenopischen Beschwerden
Leichtes Nebligsehen im rechten Auge
Veränderte Farbwahrnehmung: Blau-Gelb, bestätigt durch Ishihara-Test
Pupillenreaktionstest
Beide Augen (OU): 4,5 mm bei Dunkelheit, 3,0 mm bei Helligkeit
Kein relativer afferenter Pupillendefekt (RAPD) im Swinging-Flashlight-Test
Visus
Getragene Brille: 1/2011
Ferne: R: sph -1,25 cyl +1,50 A 72° Vcc 0,8+, L: sph -0,75 cyl +0,75 A 114° Vcc 0,8
Nähe: Add. 2,25
Kontrastempfindlichkeit
Normal für das Alter beider Augen (OD/OS)
Augeninnendruck
OD: 13,0 mm/Hg – 15,8 mm/Hg
OS: 11,0 mm/Hg – 13,4 mm/Hg (korrigiert nach Dresdner Tabelle)
Fundusfotografie (Abb. 1)
Keine auffälligen Veränderungen in der rechten zentralen Netzhaut, typische altersbedingte Veränderungen
Arterien-Venen-Verhältnis: 0,5
Augenhintergrund (Abb. 1) rechte zentrale Netzhaut
Fundusfotografie (Abb. 2)
Rechte zentrale Netzhaut mit multiplen, flammenförmigen Punkt- und Fleckblutungen
Grünfilter (rotfrei) zur besseren Sichtbarkeit der Einblutungen
Symptome und Verdachtsdiagnose
Augenhintergrund (Abb. 2)
Der Patient zeigte typische Symptome eines retinale Venenverschluss
Reduzierter Visus im rechten Auge (von 0,95 auf 0,1)
Metamorphopsien (Verzerrung der Sicht)
Punkt- und Fleckblutungen auf der Netzhaut, bestätigt durch Fundusfotografie
Verdachtsdiagnose: Hemizentralvenenverschluss des rechten Auges aufgrund der typischen Fundusbefunde und reduzierten Sehschärfe.
Behandlung und Weiterverfolgung
Nach Bestätigung der Diagnose durch die fundusphotografischen Befunde und den reduzierten Visus wurde der Patient umgehend an seinen Augenarzt überwiesen. Eine eingehende Untersuchung in der Universitätsaugenklinik Freiburg bestätigte die Diagnose eines Zentralvenenverschlusses.
OCT: Kein Makulaödem
Angiographie: Keine neovaskulären Areale
Behandlung: Keine intravitrale Injektionen oder Laserkoagulation notwendig
Empfohlene weitere Schritte:
Regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt
Weitere kardiovaskuläre Abklärung durch den Hausarzt
Diskussion: Ursachen und Mechanismen des Retinalen Venenverschlusses
Ein retinaler Venenverschluss wird durch eine schnelle Blockade der Venen im Auge charakterisiert, die eine verminderte Netzhautperfusion und Kapillarverschlüsse zur Folge hat.
Zu den Ursachen gehören:
Gefäßwandschäden
Herabgesetzte Blutflussgeschwindigkeit
Veränderte Blutzusammensetzung (Virchow-Trias)
Typische Auslöser sind:
Bluthochdruck
Arterieller Hypertonie
Diabetes mellitus
Hoher Augeninnendruck (Glaukom)
Blutgerinnungsstörungen
Die häufigsten Arten des retinalen Venenverschlusses sind:
Zentralvenenverschluss (ZVV): Blockierung der Hauptvene der Netzhaut, die zu einem vollständigen Verlust der Netzhautdurchblutung führt.
Venenastverschluss (VAV): Blockierung kleinerer Venenäste, oft an Arterienkreuzungen. Dieser Verschluss führt meist zu milderen Symptomen.
Prognose und Therapie des Retinale Venenverschluss
Die meisten Symptome eines retinalen Venenverschlusses bilden sich innerhalb von neun bis zwölf Monaten zurück, allerdings bleiben oft Rückstände wie epiretinale Gliose und Pigmentveränderungen. In seltenen Fällen kann sich eine subretinale Fibrose entwickeln, die der exsudativen altersbedingten Makuladegeneration ähnelt.
Der Bluthochdruck bleibt der wichtigste Risikofaktor für einen retinalen Venenverschluss. Rauchen, Diabetes und erhöhte Cholesterinwerte tragen ebenfalls zu einem höheren Risiko bei.
Fazit: Früherkennung und Behandlung des Retinale Venenverschluss
Die frühzeitige Diagnose und Behandlung eines retinalen Venenverschlusses sind entscheidend, um das Sehvermögen zu erhalten. Augenoptiker und Optometristen spielen eine wichtige Rolle bei der Identifikation dieser Notfälle und der rechtzeitigen Weiterleitung an spezialisierte Augenärzte. Die regelmäßige Kontrolle und Behandlung können langfristige Sehschäden verhindern und die Lebensqualität der Patienten verbessern.
Randy Freitag
(EurOptom, Heilpraktiker)
Veröffentlicht: DOZ 8/2019